Um 1968 löste sich Hörecke von der gegenständlichen Malerei. Die Lockungen der ungegenständlichen Malweise, der Welt des äußeren Scheins den Rücken zu kehren, um zu einem Wesenskern zu gelangen, haben sich als zu stark erwiesen, als daß er ihnen auf Dauer hätte widerstehen können. Damit reihte er sich in eine Malerei ein, die den Bruch mit der Auffassung vom ausschließlich abbildenden Auftrag des Kunstwerkes vollzog und darauf verzichtete die gegenständliche Wirklichkeit nachzuahmen. Anstelle objektiver Wiedergabe der Erscheinung trat die Erkundung subjektiver Identität.
Diese Entwicklung vollzog sich aber nicht abrupt. Weder unterwarf sich Hörecke dem damaligen Modetrend noch erfolgte eine Adaption von bestimmten Vorbildern. Eher in unaufdringlicher Beiläufigkeit, aber umso nachhaltiger ergab sich dies durch die Emanzipation der Form vom Gegenstand bei den Horizontbildern. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, daß Hörecke seine Horizontbilder entwickelte, indem er bereits damals die Malerei auch als rationale und theoretische Herausforderung empfand, die er kritisch und engagiert angenommen hat. Die Konzeption und Intention hat er dabei aus der Auseinandersetzung mit der „Erscheinung“ des Horizonts abgeleitet. Damit wurde bei Hörecke die Abstraktion das Ergebnis einer reflektierenden und formalen Reduktion. Die Erfahrung, über Reduktion gleichzeitig auch eine Verdichtung zu erreichen, war für ihn ein ermutigendes Experiment.
Diese Annäherung an die Abstraktion und damit die Absage an den Gegenstand mit dem Ziel das Gegenständliche auf Grundformen zu reduzieren ähnelt der Besinnung auf mystische Traditionen etwa eines Meisters Eckardt, der bereits im 14. Jahrhundert sagte, daß der Geist hinausschreiten müsse „über die Dinge und alle Dinglichkeit, über die Gestalt und alle Gestalthaftigkeit, damit ihm die volle Wirklichkeit aufgehe“.
Allerdings bedient sich Hörecke auch nicht apodiktisch der ungegenständlichen Malweise. Vielmehr bewegt er sich zwischen den beiden Optionen- gegenständlich und ungegenständlich- hin und her und verbindet beide miteinander. Dominieren gegenständliche Bezüge, erscheinen sie fragmentiert, verfremdet und verzerrt. Gleichzeitig verlieren die Farben ihre Realitätsbezogenheit wie in Abb. 19. Man findet immer wieder die verschiedensten gegenständlichen Verweise, die private, literarische oder gesellschaftskritische Aussagen enthalten. Diese Verweise sind Bedeutungsträger und eröffnen damit weitere Sinndimensionen in seinem Werk. Hörecke hält sich damit beide Möglichkeiten der Gestaltung offen. „Die Kombination des Abstrakten mit dem Gegenständlichen, die Wahl zwischen den unendlichen abstrakten Formen oder dem gegenständlichen Material... bleibt dem inneren Wunsch des Künstlers überlassen“.
Höreckes Werk oszilliert also zwischen Gegenständlichem und Gegenstandsfernem. Das Abbildhafte hat sich meist völlig aufgelöst, ist schemen- und zeichenhaft transformiert. Konkret vollzog sich bei Hörecke die allmähliche Abstraktion der Landschaft, indem anstelle des Weges durch die Landschaft die Wegleitung durch das Bildfeld tritt. Horizont und Perspektive verloren dabei ihre Bedeutung, da sie ja noch Elemente der dreidimensionalen Ordnung des Wahrnehmungsraumes sind. Der Erlebnisraum aber ist ein Vollzug und mit der Dimension der Zeit in der Fläche (Bewegung bei den Schreitbildern). Diese Nennung der vierten Dimension ist erlaubt, weil u. a. die Relativitätstheorie und die vierdimensionale Raum- Zeit- Komponente Hörecke den Mut gegeben haben, die Verbindlichkeit der Erscheinungswelt zugunsten der autonomen Bildwelt aufzugeben. Wie alle abstrakte Kunst, widersetzt sich auch Höreckes Malerei oft den interpretativen Möglichkeiten der Sprache. Da schwer zu definieren, wird sie entweder als sperrig und unergründlich angesehen und lediglich unter dem Gesichtspunkt ihres formalen Erscheinungsbildes erfaßt oder aber das Augenmerk auf die übergreifenden Bedeutungszusammenhänge seines Werkes, die sich in Kunstäußerungen
angedeutet finden, gewichtet.
Ergiebig ist in diesem Zusammenhang Höreckes Erklärung über seine Hinwendung zur Abstraktion:
„Es hat sich in der Naturwissenschaft, besonders in der Quantentheorie, der Atomphysik, erwiesen, daß die formale logische Struktur der Sprache, die von Aristoteles geschaffene Grundlage der wissenschaftlichen Sprache, nicht mehr ausreicht, um alle Phänomene zu beschreiben. Wir dringen in entlegene Bereiche der Natur vor, die unseren Sinnen nicht mehr unmittelbar zugänglich sind, die nur auf dem Umweg über komplizierte technische Apparaturen erschlossen werden können. Wir verlassen damit nicht nur den unmittelbar sinnlich erfahrbaren Bereich, wir verlassen auch den Raum, in dem sich unsere gewöhnliche Sprache gebildet hat und für den sie brauchbar ist. Wir sind daher gezwungen, eine neue Sprache zu lernen, die der gewöhnlichen Sprache an vielen Stellen sehr fremd ist. Eine neue Sprache bedeutet aber auch eine neue Art zu denken.“ So W. Heisenberg in seinem Buch „Schritte über Grenzen“.
„Analoges gilt für die Kunst. Bestimmte Phänomene lassen sich für mich mit gegenständlicher Kunst nicht mehr befriedigend fassen“, führt Hörecke weiter aus. Das in der Kunst und in der Wissenschaft erkennbare Streben nach Universalität „nach Vereinheitlichung und Zusammenfassung führt notwendig zur Abstraktion“. Die moderne Kunst hat dadurch, daß sie über die Abstraktion auf die unmittelbare Verbindung zum sinnlichen Erlebnis verzichtet, die Möglichkeit gewonnen, weitere umfassendere Zusammenhänge darzustellen und sichtbar zu machen, die von der früheren Kunst nicht ausgedrückt werden konnten. Nach anderen Äußerungen beinhaltet seine Malerei eine optisch- assoziative Anspielung, die immer wieder neu ihren Bildsinn in der Spannung von freien malerischen Formen auf der einen Seite und gegenstandsträchtigen Bildzeichen auf der anderen Seite konstituiert. Somit handelt es sich um eine prozessuale Malerei im mehrfachen Sinn. Die Bilder sind offene Werke, die sich an keiner Stelle des Bildes zwischen Bild und Betrachter eindeutig festlegen lassen. Damit widersetzt sich Höreckes Malerei aber auch „einer spontanen Versprachlichung“, selbst dann, wenn Wörter, Sprachpartikel zu Bestandteilen der Bilder selbst werden.